Frankfurter Rundschau
Beim dritten Waldkunstpfad wirken erstmals auch Wissenschaftler mitDuftende Ameisengänge, begehbare Waldzellen und ein Baumkino: 14 Künstler aus aller Welt arbeiten ab 7. August an ihren Kunstwerken im Bessunger WaldVON ASTRID LUDWIG
Ute Ritschel sprüht vor Ideen. Die Kuratorin von "Vogelfrei" und dem Waldkunstpfad wählt nicht nur immer neue internationale Künstler für ihre Kunst-Performance-Projekte aus, ihr fallen auch immer neue Variationsmöglichkeiten ein. Nicht umsonst wird die Darmstädterin ab Januar an der Universität von Wisconsin / USA als Gastprofessorin fünf Monate lang über alternative kuratorische Arbeit dozieren. Doch zuvor steckt sie noch tief in den Vorbereitungen für den nächsten, den dritten internationalen Waldkunstpfad, der im August im Wald hinter dem Polizeipräsidium beginnt.
"Laboratorium" wird das Symposium diesmal heißen. 14 Künstler aus den USA, Europa, Südamerika und Afrika bauen ab 7. August ihre Kunstwerke im Wald auf, die bis zum 24. September zu sehen sein und bei Führungen erläutert werden. Neu, sagt Ute Ritschel, ist diesmal die Kooperation mit Wissenschaftlern. "Wir versuchen, die Symbiose zwischen Kunstperformance und Wissenschaft herzustellen", so Gotthard Scholz-Curtius vom Verein für internationale Waldkunst. Dabeisein werden Psychoanalytiker, Geologen, Insektenforscher oder auch ein Bühnenbildner. Sie beraten die Künstler bei der visuellen Umsetzung ihrer Ideen.
Die Geologin des Geoparks Odenwald etwa ist bei Joachim Kuhlmanns "Point de Vue" dabei. Der Darmstädter Künstler befasst sich mit den gewaltigen, Millionen Jahre alten Findlingen, die in der Nähe der Jefferson-Siedlung im Wald liegen. Die Steine ordnet er kreisförmig an und versieht sie mit geologischen, schöngeistigen und philosophischen Sentenzen.
Mit Spiegeln, die bodennah installiert, die Kronen der Bäume im Himmel zeigen, macht Dorothee Bielfeld den Wald zum Baumkino. Die Amerikanerin Jennifer Angus reiht tausend Perlen und Ameisen zu einer Kette. Der Schweizer Ernest Daetwyler wird begehbare Waldzellen auf dem Boden und in den Bäumen aufhängen: ein Korb aus Eisendraht, mit durchsichtigem Stoff bespannt, erklärt der Förster und am Projekt beteiligte Waldpädagoge Peter Fischer. Kreisrunde Gedichte, die in Briefkästen im Wald versteckt sind, zeigt der Schotte Alec Finley.
Alle Sinne spricht Waltraud Munz an. Ausgesucht hat sie sich den Herrgottsberg, den sie mit einer irisierendenFolie zum Ameisenhügel umgestalten wird. Besucher können durch die Gänge kriechen, die nach Orangen duften. Ein Spiel mit den Größenverhältnissen, das aus der Literatur bekannt ist - so verweist die Dietzenbacherin auf "Alice im Wunderland" oder "Gullivers Reisen".
Der Waldkunstpfad ist für Künstler und Verein ein Kraftakt. Rund 8000 Besucher werden erwartet. 40 000 Euro kostet das Projekt samt Unterkunft der Künstler und Katalog. 3000 Euro gibt das Land, 7500 die Stadt. Derzeit klappert Scholz-Curtius 32 Sponsoren ab. "Es ist mühsam, Geld locker zu machen", sagt er. Obwohl die Waldkunst international Renommee erlangt hat: Ute Ritschel ist es zu verdanken, dass es ab 2007 auch in Wisconsin Waldkunst geben wird.